Die Abflughöhe


Die meistgestellte Frage beim Stecken- und Wettkampffliegen ist wohl: "Reicht mir die Höhe, oder reicht mir die Höhe nicht??"  Nun, wenn man einen Topnavigator oder einen sauber programmierten Endanflugrechner hat, ist das ganze nicht mehr so schwer, aber leider hat nicht jeder einen Endanflugrechner. Also ist Schätzen oder Kopfrechnen angesagt. Wenn man nur mit dem Vario auf Strecke geht, dann hat man die schwierigste Variante des Wegfliegens gewählt. Generell kann man sagen, dass man immer so hoch abfliegen sollte, dass man min. 50-100 Meter über dem anzufliegenden Gipfel ankommt. Ja, toll, ......da wäre ich auch selber drauf gekommen, wird jetzt der eine oder andere sagen. Nun, leider kann ich hier auch nur mit pauschalen Aussagen dienen: Wenn man gegen den Wind fliegt, dann muss man höher abfliegen, weil sich die Gleitleistung gegenüber Grund verschlechtert. Wenn man mit dem Wind fliegt, dann kann man niedriger abfliegen, da der Wind einen ja seinem Ziel entgegenschiebt.

Hmmmm............ gut, als ich mit dem Streckenfliegen anfing habe ich natürlich auch die eine oder andere "Berechnung" angestellt. Für alle, die auch gerne rechnen, möchte ich sagen, dass man einen normalen Sprung von einem Gipfel zum anderen mit 3,5 bis max 4 km ansetzten soll.  Ein Sprung mit ca. 5 km oder darüber ist für einen Einsteiger schon sehr schwierig und durchaus als Knackpunkt zu bezeichnen. Die normale rechnerische Gleitzahl kann man bei normalen Gleitschirmen mit 6 und bei Hochleistern mit 7 ansetzen. Nach einigen Flügen im Allgäu habe ich mir Anfangs eine Mindestabflughöhe von 2600 MSL gesetzt. Diese Mindestabflughöhe ist im Laufe der Jahre auf 2200 MSL gesunken. In Fiesch/Wallis fliegt man niemals unter 3000 MSL ab, ausser man kennt sich sehr gut in diesem Gebiet aus. Normalerweise drehe ich persönlich mindestens 400 Meter über dem Gipfel auf, wenn es auf Strecke geht. Ich halte nichts davon, dass man sich als normaler Hobbypilot immer nur an den grossen Piloten orientiert und deren Höchstleistungen als Masstab nimmt. Das kann einem den ganzen Spass am Streckenfliegen versauen. Ich denke, dass ein Einsteiger nach 10 km Strecke und einer sauberen Aussenlandung das Recht hat sich als Streckenflieger zu bezeichnen und durchaus Stolz auf diese Leistung sein kann.
Wenn man mit Vario und GPS auf Strecke geht, dann wird die ganze Sache schon wesentlich kalkulierbarer, auch wenn das Vario und GPS nicht miteinander verbunden sind und die Endanflugrechnerfunktion nicht zur Verfügung steht. Wichtig ist dabei, dass man auf dem GPS die Eigengeschwindigkeit und die voraussichtliche Flugzeit in Minuten im Auge hat. Mit der Eigengeschwindigkeit kann man so halbwegs die Windkomponente bestimmen. Wirklich wichtig ist aber eher die voraussichtliche Flugzeit zu unserem angegebenen Wende- Zielpunkt. Wenn wir uns in ein Fluggebiet begeben, in dem wir ein bisschen auf Strecke gehen wollen, sollten wir einige Wendepunkte oder Ziele in unser GPS einprogrammieren. Wenn wir ein konkretes Ziel im Auge haben, sollten wir entweder die Route aktivieren oder die GOTO Funktion benutzen. Zum freien Streckenfliegen ist es sinnvoll sich einen Berggipfel auszusuchen.  Wenn wir uns auf Strecke begeben wollen müssen wir erst einmal auf eine sinnvolle Abflughöhe kommen. 400 Meter über Gipfel halte ich für eine akzeptable Mindestabflughöhe, höher ist natürlich besser. Zu hoch gibt es nicht, ausser man bekommt ein Problem mit den Wolken. Hat man nun die voraussichtliche Abflughöhe erreicht, fliegt man direkt in Richtung Ziel ab. Schon nach einigen Sekunden zeigt uns unser GPS an, wieviel Zeit wir voraussichtlich benötigen um unser Ziel zu erreichen. Mal angenommen unser GPS zeigt 36-38km/h über Grund, während wir uns gerade im Trimmspeed befinden. Dieser Wert sagt uns aus, das wir fast keinen Gegenwind oder Rückenwind haben. Nun schauen wir, wie lange wir voraussichtlich zu unserem Ziel benötigen. Mal angenommen, unser GPS zeigt uns an, das wir 6 Minuten zu unserer Wende benötigen. Nun sollten wir unser Vario beobachten und selber einschätzen mit was für einem durchschnittlichem Sinken wir voraussichtlich diese Strecke duchgleiten werden. Dabei langt es, wenn wir nur mit 1m/s durchschnittlichem Sinken für eine sehr optimalen Gleitflug, 1,5m/s sinken für einen normalen Gleitflug, 2m/s für einen schlechten Gleitflug und 2,5m/s für einen sehr schlechten Gleitflug ansetzen. Werte über 3m/s sind für einen Streckenflug nicht praxisgerecht und man bleibt bei einer solchen Einschätzung lieber am Hausberg. Heute ist ein normaler Tag und so können wir davon ausgehen, das wir mit 1,5m/s Durchschnittssinken ankommen.

So........ nun haben wir zwei Zahlen, mit denen wir im Flug unsere benötigte Höhe errechnen könne. Wir nehmen unsere 6 Minuten "voraussichtliche Flugzeit". Das sind 6x60= 360Sekunden. Bei einem Sinken von 1,5m/s verlieren wir 1,5m/s x 360s = 540 Meter!! Päng. Also reichen mir meine 400 Meter über Gipfel vermutlich nicht aus, wir müssen zurückfliegen und noch mal Höhe tanken. Oder wir fliegen auf Risiko und stellen uns auf einen harten Kampf unter Grat ein. So eine einfache Rechnung kann man auch während des Fliegens machen. Diese Art hat sich als optimal herausgestellt, da man sowieso beim Gleiten kaum etwas zu tun hat, ist es gar nicht schlecht, solche kleine Rechnung anzustellen, um sich Gewissheit zu verschaffen ob man sein Ziel noch erreicht oder nicht. Wenn man sich nur auf die Sinkwerte 1m/s, 1,5m/s, 2m/s und 2,5m/s beschränkt, wird man sehr bald eine gewisse Routine darin bekommen. Absolut wichtig ist es beim Gleiten immer die Geschwindigkeit und das durchschnittliche Sinken im Auge zu behalten. Sollten sich die Werte während der Gleitphase verschlechtern, dann kann man nur hoffen, das man beim Abflug genügend Höhenreserve eingebaut hat um doch noch sicher an sein Ziel zu kommen.

Das Ganze noch mal zum mitschreiben: Wenn wir beim Gleiten sind, lesen wir auf dem GPS die voraussichtliche Flugzeit ab. Rechnen aus wieviele Sekunden das sind. Nun Schätzen wir, wieviel Sinken wir durchschnittlich auf dieser Gleitstrecke haben werden. Multiplizieren das ganze mit der Senkundenzahl und schon haben wir die benötigte Höhe, die wir auf dieser Strecke vermutlich verbraten werden. Das ganze ist kein Witz!! Ich habe einige Wenden nach dieser Methode angeflogen. Besonders interessant ist diese Geschichte, wenn es gegen den Wind geht. Oftmals konnte man sich auch zum Abbruch einer sinnlosen Aufgabe überreden lassen, wenn auf der Anzeige "Voraussichtliche Flugzeit" 2 Stunden 45 Minuten steht und man um 16 Uhr von der 1. Wende in Richtung 2. Wende abfliegen will. Um festzustellen ob sich der Gleitwinkel verschlechtert, wendet man die "Peilmethode" an. Dabei peilt der Pilot über einen Grat, Gipfel oder Sattel auf einen Fixpunkt. Meistens verwendet man gut sichtbare markante Stellen im Tal oder auf der dahinter, gegenüberliegenden Bergflanke. Diese markante Stelle kann eine helle Wiese, eine Alm, ein Gehöft, ein auffälliger Felsen, Häuser, Kirchen oder eine Waldgrenze sein. Wenn unser Fixpunkt nach unten wandert, bzw. droht von dem Grat über den wir Peilen verdeckt zu werden, dann verschlechtert sich unser Gleitwinkel. Wird der Abstand zwischen unserem Fixpunkt und Peilpunkt(Grat) grösser, dann verbessert sich unser Gleitwinkel und alles ist in Ordnung.

 

Wenn wir mit Endanflugrechner auf Strecken gehen, dann haben wir die einfachste und sicherste Variante gewählt. ABER Vorsicht es gibt gerätespeziefische Probleme. Wenn man mit einem Endanflugrechner fliegt, zeigt er einem an, ob man seine Wende erreicht oder ob man diese Wende nicht erreicht und mit welcher Höhe man diese Wende überfliegt. Nun kann jedes Gerät nur so genau sein wie man die Grundeinstellungen vornimmt. Genau hier werden schon die meisten Fehler gemacht. Oftmals errechnet unser Gerät eine bestimmte Polare aufgrund zweier Wertepaare, die jeder Pilot individuell eingeben muss. Mal ein nettes kleines Beispiel: Ein Pilot gibt als 1. Wertepaar ein Gerätesinken von 1,1m/s bei einer Geschwindigkeit von 36 km/h ein. Das hört sich doch absolut reell an! Oder???? Nun, bei 1,1m/s und 36 km/h beträgt die Gleitzahl 9,1!!!! Super! Na da kann doch nichts mehr schief gehen!?! Bei solchen nicht bedachten Vorgaben kann die Geschichte ja nicht stimmen. Damit der eine oder andere Pilot nicht gar so daneben liegt, gibt es auf der 1. Seite des kleinen Ligapiloten eine Excel-Tabelle mit Gleitzahlen unter "Excel Gleitzahltabelle ausführlicher". Desweiteren hatten einige Variohersteller etwas schlecht durchdachte Geräte. Dabei war die Dämpfung der momentanen Sinkwerte zu gering eingestellt (kann nur der Hersteller verändern). Das hat zur Folge, dass man beim Kurbeln richtige Werte vom Endanflugrechner bekommt (sogar mit einbezogene Windfaktor) und sobald man losgeflogen ist, nur noch Müll auf das Display bekommt. Auf solche Kleinigkeiten sollte man achten und sie in die Fliegerei mit einbeziehen. Wenn man mit Schleppsensor fliegt, kommen diese Fehler nicht so krass rüber. Beim Topnavigator sind mir solche Probleme nicht bekannt. Ich selber fliege mit einem Bräuniger IQ-Competition/GPS und einem Garmin 12 GPS. Da mir die Eigenheiten meiner technischen Hilfsgeräte durchaus bekannt sind, komme ich auch  gut damit zurecht und ich bin mit meinen Geräten sehr wohl zufrieden.

Armin Appel 02.01.2000    wow 2000 !!    Mmmmmelenium.